Hier im letzten Teil kommen wir nun zur sogenannten Ablesegenauigkeit. Die Bewegung der Sonne, des Mondes, der Sterne und des Schattenwurfes soll sehr genau bestimmt werden.
Fragt Sie jemand nach der aktuellen Uhrzeit, so werden sie ihm die aktuelle Uhrzeit minutengenau mitteilen. Das ist ja völlig ausreichend. Niemand teilt auch noch die Sekunden mit. Selbst wenn Sie die Sekunden mitteilen würden, so kann der wahre Wert ja falsch sein, denn ihre Armbanduhr ist ja kein Präzisions-Messinstrument. Hinzu kommt noch der Fehler in der Ungenauigkeit beim Ablesen, der zum wahren Wert noch dazu addiert wird.
In der DIN Vorschrift 5725 geht es um die Richtigkeit und Präzision, also die Genauigkeit von Messverfahren und Messergebnissen. Weiterhin geht es hier um eine Direktanzeige von Messgeräten. Das hört sich erst einmal schlimm an, ist es aber nicht.
Sie alle kennen im Auto ein Tachometer. Als Fahrer richten Sie sich nach der Anzeige, meistens. Für die Ablesegenauigkeit des Zeigers zwischen zwei Strichmarken gilt eine maximale menschliche Genauigkeit von 0,2. Niemand traut ihnen zu, einen Wert von 51,7 Km/h ablesen zu können. Also haben wir hier einen Vertrauensbereich (Richtigkeit und Präzision), in der sich der wahre Wert befindet. Dasselbe gilt für die Ablesung von Glasthermometern, runden Druckanzeigen, oder einfach nur eine Ablesung ihrer Armbanduhr. Bei der Armbanduhr entspricht eine Minute exakt 0,2, also dem Wert zwischen 2 Marken (zwischen 5 Minuten). Auch geht es in der Vorschrift um die Farben von Zeigern und Zifferblättern. Es hat sich ein schwarz-weiß Kontrast als bester Umstand herausgestellt (z.B. auch Schatten auf Kalkstein).
An dieser Stelle soll also nicht so genau wie nötig, sondern so genau wie möglich gemessen werden.
Das größte Problem stellt beim Schattenwurf die Ablesegenauigkeit dar. (Ich verzichte an dieser Stelle auf ein erklärendes Bild zum Schattenwurf.)
Je länger ein Schatten ist, je unschärfer wird er. Je unschärfer (länger) der Schatten ist, desto genauer ist aber der wahre Wert. (große Sonnenuhr)
Leider ist dieses Phänomen vielen Menschen unbekannt. Je höher ein Baum oder ein Bauwerk ist, je schwächer ist die Schattenbildung. Auch Sie haben noch nie den Hahn der Kirchturmspitze als Schatten gesehen. Im Besonderen nenne ich hier einen Obelisken. Wir Menschen nehmen an, dass der Schatten eines Obelisken früher zur Zeitmessung benutzt wurde. Das halte ich für falsch. Ganz im Gegenteil, gerade die Spitze eines Obelisken eignet sich nur zur Peilung und Beobachtung des Himmels.
Je kürzer ein Schatten ist, je schärfer wird er. Je schärfer (kürzer) der Schatten ist, desto ungenauer ist der wahre Wert. (kleine Sonnenuhr)
Als Beispiel heben Sie auf Ihrem Schreibtisch mal die Maus ihres Computers an. Je höher sie die Maus anheben, je schwächer wird der Schatten.
Ich verzichte an dieser Stelle auf die Erklärung der Begriffe Kernschatten, Halbschatten und Schlagschatten. Das eigentliche Problem ist Ihnen nun bekannt. Bei großen Sonnenuhren oder Obelisken hat man nachträglich vergoldete Kugeln über der Spitze angebracht. Wie Sie sich nun denken können, mit mäßigem Erfolg.
Wo liegt die Lösung? Das will ich Ihnen hier verraten. Die Lösung hat vor mir noch niemand entdeckt und liegt in der Kombination dieser beiden Phänomene. Stellen Sie sich hierzu eine große Wand vor. Die Sonne befindet sich hinter der Wand und wird von der Wand komplett abgedeckt. Wenn Sie die Sonne gerade hinter der senkrechten Kante hervorblitzen sehen, gibt es einen schwachen Schattenwurf mit einer unscharfen Schattenkante am Boden. Halten Sie nun einen Gegenstand, z.B. einen Mauerstein, o.ä. ein paar Zentimeter über den Boden, so wird ein schärferer Schatten am Boden erzeugt (Schatten im Schatten (Addition der Schatten)). Für die Zeit gilt die erste Schattenerscheinung (erste Lichterscheinung an der senkrechten Kante) am Boden.
Diese Phänomene habe ich kürzlich an einer Sonnenuhr (ähnlich einem Obelisken) auf dem ungefähren Längengrad von Pi (31,415 Grad) in der Türkei mehrfach ausprobiert. Ich war erstaunt, das ich bei einem Schattenwurf von über 25 m Länge, weit unter einem Zentimeter Ablesegenauigkeit gekommen bin.
Nun rechnen wir diese Ablesegenauigkeit für den Schattenlauf anhand von Tabellenwerten nach:
Für 12:00 Uhr ergab sich ein Sonnenhorizontalwinkel von 195,43 Grad, für 13:00 Uhr ergab sich ein Sonnenhorizontalwinkel von 210,18 Grad. Für eine Stunde ergibt sich also eine Differenz von 14,75 Grad. Der Umfang eines Kreises mit einen Radius von 25 m ergibt 157,08 m. Der Umfang geteilt durch 360 Grad mal 14,75 Grad ergibt 6,44 m Schattenweg pro Stunde. Für eine Minute teilen wir 644 cm durch 60 und erhalten 10,7 cm Schattenweg für eine Minute. Für eine Sekunde teilen wir 107 mm durch 60 und erhalten ca. 1,8 mm Schattenweg für eine Sekunde.
Ich halte es für möglich, mit optimierten Lesegeräten (Lochblende / Schlitzblende) in mehrstufiger Ausführung, eine sekundengenaue Ablesung zu erhalten.
Inspiriert haben mich die bekannten Schattentheater, insbesondere die Techniken der Schattentheater aus dem islamischen Raum.
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